„Schatz, die Flamingozungen werden kalt!“: Essen im alten Rom

„Schatz, die Flamingozungen werden kalt!“: Essen im alten Rom
Wie müssen wir uns ein Essen im alten Rom vorstellen? Als üppiges Gelage mit exotischen Gaumenfreuden wie Flamingozungen und frittierten Mäusen? Oder als eher eine freudlose Angelegenheit, bei der eine undefinierbare Breimasse auf den Tisch kommt? Nun, wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte.

Wir machen einen Abstecher in die Antike und werfen einen Blick auf Essen und Trinken im alten Rom.

Der „größte Prasser“ und seine Genüsse

Die meisten Historiker beziehen sich beim Thema Essen im alten Rom auf die antike römische Rezeptsammlung „De re coquinaria” („Über die Kochkunst“), das älteste erhaltene Buch seiner Art. Als Verfasser ist Caelius Apicus angegeben, es wird allerdings vermutet, dass mehrere römische Feinschmecker dieses Beinamens die Rezepte zusammenstellten, darunter auch Marcus Gavius Apicius (circa 25 v. Chr. bis ca. 42 n. Chr.). Der römische Gelehrte Plinius der Ältere nannte ihn den „größten Prasser“, während Seneca berichtete, dass Apicus seinem Leben ein Ende setze, nachdem er 100 Millionen Sesterzen für leibliche Genüsse verjubelt und „nur“ noch zehn Millionen Sesterzen (heute etwa 20 Millionen Euro) zum Leben hatte. Natürlich lud Apicus vor seinem Suizid noch einmal zu einem großen Prunkmahl … Marcus Gavius Apicius war es übrigens auch, der auf die oben erwähnten Flamingozungen schwor.

Wie dem auch sei: Im „De re coquinaria” sind etwa 400 Rezepte rund ums Essen im alten Rom versammelt, rund 100 von ihnen widmen sich der Herstellung von Soßen. Darunter findet sich Ausgefallenes wie die Gebärmutter von Jungsauen und gegrillter Flamingo, der Großteil besteht aber aus eher einfachen Gerichten. Ein Spiegelbild der römischen Gesellschaft also, denn die breite Masse ernährte sich bodenständig, während exotische Genüsse der Oberschicht vorbehalten waren. Die allerdings ließ es richtig krachen und importierte alles, was die Provinzen des riesigen Imperiums hergaben: Austern von den Britannischen Inseln, Meerbarben aus dem Roten Meer, Pfaue aus Babylonien, Stachelschwein aus Nordafrika und Käse aus Gallien.

Essen und Trinken im alten Rom: Am „puls“ der Zeit

Das wichtigste Essen der alten Römer war „puls“, ein Brei aus Dinkelmehl, der gelegentlich mit rohem oder gekochtem Gemüse angerichtet wurde. Zu den weiteren Grundnahrungsmitteln zählten Brot aus Weizen- oder Gerstenmehl (oft im eigenen Ofen gebacken) sowie Ackerbohnen und Kohl, daneben fanden Lattich und Runken Verwendung. Gewürzt wurde mit Zwiebeln und Knoblauch – zumindest beim Volk, in den oberen Schichten galten die Knollen wegen ihres Geruchs als unfein. Als Obst war besonders der Apfel verbreitet, aber das mediterrane Klima erlaubte auch den Anbau von Birnen, Kirschen (die der Feldherr und Feinschmecker Lucullus in Rom eingeführt hatte), Weintrauben und Pflaumen.

Tatsächlich war das Essen im alten Rom recht gesund, die Kost bestand fast ausschließlich aus Gemüse und Obst. Fleisch war teuer und somit eher der Oberschicht vorbehalten – und dann auch meist nur bei Banketten und anderen gesellschaftlichen Anlässen. Bei Rindfleisch rümpften übrigens die besseren Kreise die Nase, da das Rind ein Arbeitstier war und sein Fleisch als zäh galt. Deutlich beliebter waren Schweine und Wildschweine. Ein ganzes Schwein, mit Würsten und Obst gefüllt und am Stück gegrillt, hieß „porcus trojanus“ – Trojanisches Schwein. Auch Geflügel wurde verzehrt, wobei Hühner im alten Rom teurer waren als Enten. Ebenfalls begehrt und oft teuer waren Fische, besonders die Meerbarbe, die sich nicht züchten ließ.

Fisch war auch die Grundlage der beliebten und weit verbreiteten Fischsoße „garum“, die als Würz- und Konservierungsmittel Verwendung fand und in einem langwierigen Fermentationsprozess hergestellt wurde. Die Soße durfte nicht innerhalb von Städten hergestellt werden – die Geruchsentwicklung war enorm.

Und was trank der Römer? Wein! Tagsüber mit Wasser verdünnt oder mit Honig gesüßt („mulsum“), abends pur. Daneben waren Wasser und Fruchtsäfte verbreitet. Bei Milch griff der Römer höchstens zu Ziegen- oder Schafmilch – Kuhmilch galt als barbarisch.

Essen im alten Rom: Die Mahlzeiten

Das Essen im alten Rom bestand in der Regel aus drei Mahlzeiten:

  • Frühstück („ientaculum“): Grundlage des Frühstücks war zunächst ein Fladenbrot aus Dinkel, ehe mit Beginn der Kaiserzeit Weizenbrot Einzug in die römischen Haushalten hielt. Die unteren Schichten nahmen ihr Brot oft nur mit Salz zu sich, während wohlhabende Bürger sich auch Eier, Honig, Käse, Obst und „moretum“ (Kräuterquark) zum Frühstück gönnten.
  • Mittagessen („prandium“): Das mittägliche Essen im alten Rom war eher ein Gabelfrühstück oder eine Zwischenmahlzeit, fiel aber üppiger aus als das ientaculum. Gereicht wurden Kaltspeisen wie Schinken und Käse, Eier, Nüsse, Pilze, Oliven sowie Früchte wie Feigen und Datteln. Dazu gab es Brot.
  • Abendessen („cena“): Früh am Tag, zwischen 15 und 16 Uhr, begann die Hauptmahlzeit – die cena. Bis zu dieser Zeit waren alle Verpflichtungen und Arbeiten erledigt, und die Römer konnten sich den freien Abendstunden hingeben. Vor den Zeiten der Römischen Republik bestand das Mahl aus puls, in den oberen Bevölkerungsschichten gab’s außerdem Käse, Eier und Honig und zu besonderen Anlässen auch Fisch oder Fleisch. Während der republikanischen Ära kam zum Hauptgericht eine Nachspeise aus Obst und Meeresfrüchten hinzu, gegen Ende der Republik wurde die cena um eine Vorspeise erweitert. Gern ließen die Römer ihre cena mit einer „comissatio“ ausklingen, einem Trinkgelage.

Wie sagte schon der römische Dichter Horaz: Nunc est bibendum – nun lasst uns trinken!
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Vom 14.11.2017  |  Kategorie: