Die Etrusker, das fast vergessene Volk

Blick auf Pitigliano

Auf einem Felsen thronende Stadt: Pitigliano in Italien

Schon vor den Römern gab es auf italienischem Boden eine Hochkultur: Vom 7. bis 2. Jahrhundert v. Chr. herrschten die Etrusker in der Toskana, in Nordlatium und Umbrien.

Viele ihrer Spuren fielen später den Römern zum Opfer, dennoch finden sich heute noch eine ganze Anzahl hochinteressante Hinterlassenschaften dieses fast vergessenen Volkes.

Etrusker betrieben einen regen Handel

Zunächst ein kleiner Ausflug in die Historie: Der Ursprung der Etrusker hat sich im Nebel der Geschichte verloren. Wir wissen, dass sie zwischen dem 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. auf der Apennin-Halbinsel auftauchen. Die Griechen nannten sie Tyrrhenoi (Tyrsener), die Römer Etrusci oder Tusci – daher stammen die heutigen Namen Tyrrhenisches Meer und Toskana. Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. haben die Etrusker ihren Machtzenit erreicht: Ihr Kerngebiet liegt zwischen Tiber und Arno, von dort aus besetzten sie die Poebene und Kampanien und herrschten über das Tyrrhenische Meer. Zwölf der etruskischen Stadtstaaten schlossen sich zu dem Zwölfstädtebund zusammen. Die Etrusker galten als eher friedliches Volk, sie betrieben mit anderen Mittelmeerkulturen einen regelmäßigen Austausch in Sachen Waren, Kunst und Kultur –besonders mit den Griechen und Phöniziern, zu denen sie Eisen und Kupfer exportierten. Dafür importierten sie griechische Kunst und deren Künstler, Mythen, Philosophien und Schrift, außerdem lernten sie schnell den griechischen Wein schätzen. Von den Phöniziern erhielten die Etrusker Gold- und Elfenbeinschmuck.

Viele dieser Kunstobjekte landeten als Grabbeigaben in den beeindruckenden etruskischen Nekropolen. Die Etrusker trieben den Bestattungskult in ungeahnte Höhen, ausgefeilt dekorierte Grabstätten lassen sich heute noch bewundern – im Gegensatz zu den hölzernen Wohnhäusern der Etrusker, die den Römern zum Opfer fielen. Aber die neuen Herren der Welt machten sich auch viele etruskische Errungenschaften zu eigen, wie Wasserversorgung und Kanalisation.

Auf den Spuren der Etrusker

Wer sich auf die Spuren der Etrusker begeben will, kommt an der majestätisch auf einem Felsen thronenden Stadt Pitigliano und ihrer Umgebung nicht vorbei. Hier, mitten im ehemals etruskischen Gebiet, finden sich zahlreiche Spuren ihrer Kultur – etwa die Vie Cave, jahrtausendealte Hohlwege, die dazu dienten, von der Stadt auf die andere Talseite zu gelangen. Im unweit gelegenen Sovena wartet das größte etruskische Grabmal der Toskana, die berühmte „Tomba Ildebranda“.

Populonia wiederum war damals die größte Stätte für Eisenverarbeitung im gesamten Mittelmeerraum. In dem heutigen archäologischen Park findet sich eine ganze Reihe von Grabstätten wie die Tomba dei Carri mit ihren gigantischen 28 Metern Durchmesser. Ebenfalls sehenswert ist Tarquinia, das frühere Turchuna, erbaut auf dem Hügel La Civitá. Hier finden sich die Fundamente eines Tempels aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., dem „Altar der Königin“. Die riesige Nekropole mit ihren 6.100 Grabkammern wurde 2004 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Genauso wie die vielen Nekropolen der etruskischen Stadt Caere, dem heutigen Cerveteri.

Der Aufstieg der Römer ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. bedeutete gleichzeitig den Niedergang der Etrusker. Viele Städte schlossen Bündnisse mit den mächtigen Emporkömmlingen, im Jahr 90. v. Chr. wurden den Etruskern die römischen Bürgerrechte verliehen. Das Ende kam also eher leise, ohne großen Knall. Aber: Die Etrusker haben Rom in vielen Dingen beeinflusst, ob in der Architektur, der Religion oder der Kunst. Ein vergessenes Volk, das sich wiederzuentdecken lohnt!

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Vom 03.06.2016  |  Kategorie: