Carpaccio: Antipasti-Klassiker mit künstlerischem Background

Carpaccio: Antipasti-Klassiker mit künstlerischem Background

Hauchdünne Scheiben Rindfleisch, eine leckere Vinaigrette und zarte Parmesanhobel: Purer Genuss!

Das heutige Carpaccio sieht so aus: hauchdünne, gekühlte Scheiben rohes Rindfleisch, angemacht mit einer Vinaigrette und darüber zarte Parmesanhobel.

Eine Perle der cucina italiana, ein wunderbares Antipasto, das Feinschmecker rund um in die Welt in helles Entzücken versetzt. Und dessen Geschichte beinahe so faszinierend ist wie das Gericht selbst.

Ein Maler und ein Arzt als Geburtshelfer

Der Ursprung des Carpaccios liegt in Venedig. Und zwar im Venedig des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit machte sich der Maler Vittore Carpaccio (1465 bis 1520) einen Namen als bedeutender Vertreter der sogenannten „venezianischen Schule“. Seine Werke zeigten vornehmlich Szenen aus dem Leben in der Lagunenstadt und stachen wegen ihrer meisterhaften Kombination von Rot- und Weißtönen heraus.

Zeitsprung ins 20. Jahrhundert. Wieder Venedig, Schauplatz Harry’s Bar. Hier wurde der berühmte Cocktail Bellini erfunden, hier bewies der Betreiber Giuseppe Cipriani immer wieder einen untrüglichen Instinkt für kleine Gerichte, die sich zwar relativ einfach zubereiten ließen, dafür aber unglaublich raffiniert schmeckten. Kein Wunder, dass sich Persönlichkeiten wie Orson Welles, Humphrey Bogart, Somerset Maugham und Arturo Toscanini in Harry’s Bar ein- und ausgingen. Im Jahr 1950 begab es sich, dass eine Stammkundin der Bar, die Contessa Amalia Nani Mocenigo, Ärger mit ihrem Arzt hatte. Der hatte der feinen Dame den Genuss von gekochtem oder gebratenem Fleisch untersagt – aus Gründen, die heute wohl unter „Quacksalbertum“ fallen würden.

Wie dem auch sei, Cipriani machte sich alsbald daran, dem Dottore ein Schnippchen zu schlagen. Seine neueste Komposition – dünn geschnittenes, rohes Rindfleisch erster Güte, angerichtet mit einer Sauce aus Mayonnaise, Kapern, Worcestershire-Sauce, etwas Milch sowie Zitronensaft, Salz und weißem Pfeffer – mundete nicht nur der Contessa. Und wie Cipriani schon den Bellini nach einem Maler benannt hatte, war auch hier ein großer venezianischer Künstler Namensgeber. Eben Vittore Carpaccio. Rot und weiß, wir erinnern uns: Rot leuchtet das Rindfleisch, weiß schimmert die Soße.

Heute herrscht beim Carpaccio Vielfalt

In manchen Carpaccio-Rezepten steht vermerkt, auch gefrorenes Rinderfilet sei geeignet. Dem entgegnen wir: Gefrorenes lässt sich zwar besser schneiden, gehört aber höchstens an ein Dessert! Aus gesundheitlichen Gründen muss das rohe Fleisch zwingend frisch sein – ist die Kühlkette einmal unterbrochen, machen sich schnell Keime breit. Auch der Parmesan sollte bei der Carpaccio-Zubereitung mit Bedacht zum Einsatz kommen, er überlagert sonst den Geschmack des Rindfleischs.

Mittlerweile gibt es nicht mehr nur Carpaccio vom Rind: Der Name ist zum Synonym geworden für alles, was hauchdünn geschnitten wird. Da mag der Purist die Nase rümpfen, aber Lachs- und Thunfisch-Carpaccio sind ebenso gängig wie Carpaccio vom Rehrücken und diverse Gemüsevarianten. Eine ganze Welt voller Geschmack – wegen einer kuriosen Diagnose!

Bild: © Fotolia, 177096790, Maksim Toome

Vom 17.11.2017  |  Kategorie: