Kulinarisches Italien – Apulien

Polignano a Mare in Apulien

Eines der schönsten Städtchen Apuliens: Polignano a Mare

„Apulien, wo liegt das nochmal?“ Eine typische Reaktion, wenn man deutschen Freunden davon erzählt, dass man im tiefen Süden Italiens Urlaub machen wird.

Die richtige Antwort: Apulien ist der südwestlichste Flecken des Landes – der Absatz des italienischen Stiefels. Und – die vielen Fragen beweisen es: ein ziemlicher Geheimtipp, allerdings nur für Touristen aus dem Ausland. Denn die Italiener lieben es hier unten, in den Sommermonaten geht es hier laut und lustig zu.

Besonders bekannt ist Apulien vor allem für seine zahlreichen Olivenhaine, Weinberge und seine Nonnas (dt. Großmutter), die sich in den engen Gassen unter der Sonne Italiens fröhlich der Pasta-Produktion widmen. So gibt es im Herzen der Altstadt von Bari eine Straße, die den Namen “La Via delle Orecchiette” oder “Orecchiette-Straße” trägt. Orecchiette (dt. Öhrchen) ist eine kleine öhrchenförmige Pastasorte, die traditionell von Hand gefertigt wird. Zur Herstellung werden zunächst dünne Teigschnüre gedreht, welche anschließend in kleine Stücke geschnitten und mithilfe einer Messerkante oder des Daumens platt gerollt und geformt werden. Danach lagert die Pasta zum Trocknen auf Holzbänken unter der wohlig warmen Sonne Italiens. Durch die raue Oberfläche und ihre spezielle Form eignet sich die Pastasorte besonders für Saucen-Kreationen, wie z.B. das
Nationalgericht “Orecchiette con le cima di rapa” (Das Rezept finden Sie zum Nachkochen in unserem Magazin). Zu den weiteren regionalen Exportschlagern zählt z.B. auch der sahnige Burrata-Käse.

Für eine kulinarische Reise bietet sich eher die Off-Season an, also eigentlich alle Monate außer Juli und August. Im Mai zum Beispiel, wenn man durchaus Temperaturen um die 25 Grad erwarten darf, hat man manchen schönen langen Sandstrand noch für sich. Auch wenn man ab und zu im wahrsten Sinne des Wortes ein Auge zudrücken muss, sprich: nicht so genau hinschauen darf, denn oft wurde der Müll der vergangenen Monate noch nicht weggeräumt. Aber wer suchet, der findet: Zum Beispiel an der Küste zwischen Brindisi und Bari, wo zahlreiche versteckte Buchten auf Sonnenanbeter und Schwimmer warten.

Apulische Küche: Das Beste vom Land und aus dem Meer

Nicht nur für Wasserratten, auch für Genießer ist Apulien ein Fest. Die Küche zeichnet sich durch eine ländliche Robustheit aus – beste Zutaten, einfache Zubereitung. Terra e Mare heißt das Stichwort: Land und Meer. Viel Fisch und Seafood kommen auf die Teller, und das so, wie man es hierzulande nicht kennt: Zum Beispiel ein Eintopf aus Kartoffeln, Karotten und Tintenfisch (polpo in pignata), wie er vorbildlich in der Trattoria „Olo Kalò“ serviert wird. Das sehr empfehlenswerte Restaurant liegt in dem netten Örtchen Corigliano d’Otranto, das auch wegen seines Castellos einen Abstecher lohnt. Im „Olo Kalò“ lässt sich hervorragend Bekanntschaft mit dem lokalen Weißwein schließen. Zum Beispiel mit einem guten Tropfen aus der Fiano-Traube, den man in deutschen Weinläden oft vergeblich sucht.

Hier muss guter Wein nicht teuer sein

Wein und Olivenöl, das merkt man schnell, wenn man abseits der großen Straßen durch Apulien fährt, sind wichtige Wirtschaftsfaktoren in dieser Region, die nicht gerade zu den reichsten Italiens zählt. Und so kann man, wenn man sich ein bisschen auskennt, für wenig Geld viel Wein und Öl bekommen. In Apulien ist es durchaus üblich, dass bei Essen mit Freunden und Familie der Rotwein (gern wird hier der kräftige Negroamaro getrunken) aus einem Fünf-Liter-Behältnis stammt, das man im Weingut um die Ecke für unter zehn Euro bekommt.

Wer sich einmal durch Apuliens Spezialitäten futtern möchte und Wert auf Bioqualität legt, dem sei ein Besuch im Städtchen Alberobello empfohlen. Bekannt ist es wegen der Trulli, putzige Häuschen mit runden Dächern, die aussehen wie verwunschen, als würden darin Zwerge hausen. In einem von ihnen ist das „Terra Madre“ untergebracht. Ein Muss: die Vorspeisen, ein unschlagbares Best of des kulinarischen Apuliens. Bohnenmus mit wildem Fenchel, gegrillte Aubergine mit Rotweinessenz und viele andere Leckereien.

Schlemmen und übernachten in der Masseria

Schön schlicht wie schlichtweg köstlich ist das Essen auch in vielen der Masserias, zu Herbergen umgebauten Bauernhöfen, die es in Apulien zu Hunderten gibt. Hier legt man Wert auf Gastfreundschaft, faire Preise und Hausmannskost. Auch wenn in der Nebensaison nur ein oder zwei Zimmer belegt sind: In einer guten Masseria wird ein großes Abendessen serviert, mit vielen Antipasti, primo und secondo piatto – natürlich alles frisch zubereitet.

Man kann in Apulien selbstverständlich auch richtig chic – und entsprechend teuer – essen: Zum Beispiel im „Da Tuccino“, einem fast direkt am Wasser gelegenen Fischrestaurant knapp außerhalb des Seebads Polignano a Mare. Hier schaut man den Fischen an der Theke tief ins ungetrübte Auge, bevor man sich entscheidet, hier werden Austern serviert, so fett und frisch und wohlschmeckend wie sonst fast nirgendwo, hier warten Seeigel und andere seltene Spezialitäten auf experimentierfreudige Gourmets, hier lagern exquisite Weine in den Kellern. Für Liebhaber von Fisch und Meeresfrüchten muss es so wirken, als sei man gestorben und direkt in den Himmel aufgestiegen. Allerdings Vorsicht: So preiswert es in Apulien meisten ist, im „Da Tuccino“ muss man mit 100 Euro pro Person rechnen.

Noch ist Apulien, wie gesagt, ein Geheimtipp, nur selten hört man eine andere Sprache als Italienisch. Aber in vielen Städtchen wird emsig gebaut, um die Promenaden, Straßen und Plätze auf Vordermann zu bringen und so mehr Touristen anzulocken. Also: Buchen Sie Ihren kulinarischen Trip in den tiefen Süden Italiens jetzt, bevor es auch hier heißt „Man spricht Deutsch“.
Bild: © Thinkstock, 513823385, iStock, Marco Saracco

Vom 03.06.2015  |  Kategorie: